Dekadenz und Nihilismus 2
Die Vision
Wenn jedoch eine von echten Werten überzeugte Bewegung durch das „Heerlager der Heiligen“, der letzten wahren Europäer, gehen würde, wenn im Rahmen eines Kreises, egal wie klein er auch sei, der Liberalismus und Nihilismus in ihrem Wesen erkannt und im Kleinen überwunden werden könnten – dann könnte sich dieser Sieg zu einer Strömung verbreitern, die Europas Erbe über den Abgrund dieses Jahrhunderts heben könnte.
Von der Symptombekämpfung muss es endlich zu einer echten Heilung kommen, die allerdings zuerst eine Diagnose benötigt. Sie liegt in groben, oberflächlichen Zügen bereits vor: die Dekadenz und der Hedonismus, die kollektive Verweigerung von Familie und Leben sind schuld an unserem Ethnosuizid und ermöglichen damit Masseneinwanderung und Islamisierung. Ursache der Dekadenz wiederum ist der herrschende Nihilismus, der dem Liberalismus entspringt, der im Namen des Geldes, im Namen des Individuums und der Menschheit alle konkreten Werte, Mythen und Tradition zerstört hat. Er hat den Menschen jeden Lebenssinn genommen, der ihn über bloßen Genuss und bloßes Erleiden seines Lebens erhebt.
Er hat ihnen die Todes- und Opferbereitschaft für ein Ideal genommen und damit die wahre Wertschätzung des Lebens unmöglich gemacht. Er hat jedes „Wozu“ genommen und ein hypersensibles, rückgratloses Geschlecht hinterlassen, das kein „Wie“ mehr erträgt und dessen Leben eine einzige große Flucht vor dem Schmerz darstellt.
Eine echte Widerstandsbewegung, die aufs Ganze, also auf die herrschende Ideologie des Liberalismus geht, muss genau hier ansetzen. Im kleinen Kreis einer Gruppe und zuerst im eigenen Herzen müssen Relativismus und Nihilismus, Hedonismus und Egoismus erkannt und überwunden werden. Die krankhaften Erscheinungen der Moderne, die heute größtenteils schon als „Mainstream“ und „normal“ gelten, müssen als solche erkannt, bezeichnet und zurückgedrängt werden.
(Dies gilt weniger für die neuen „Trends“ wie Konsumverweigerung, Veganismus, Recycling, etc. Das sind großteils Marketing-“Revolten“ des Kapitalismus, die dem Verbraucher eine machtvolle Rolle vorgaukelt, die er niemals hatte. Vor allem geht es hier um den Bereich, der auch in „rechten“ Kreisen kaum als Teil von Dekadenz und Nihilismus erkannt wird und wurde: Wer beim Treiben der One-Night-Stands, der Porno-Normalisierung und der Banalisierung von Sexualität mitmacht, attackiert letztlich den Lebensnerv unseres Volkes. Denn die Zersetzung des Vertrauens in verlässliche Beziehungen, die neurotisch aufgeblähte, perverse Triebbesessenheit und die Entsakralisierung von Sexualität sind Hauptfaktoren für den Ethnosuizid Europas.)
Doch wer bis hierher mit Bedacht mitgelesen hat, wird sofort erkennen, dass „moralische Ermahnungen“ nicht das sind, was man der allgemeinen Dekadenz entgegensetzen kann.
Sie ist in all ihren Ausdrucksformen ja nicht das böswillige Überschreiten einer bestehenden Moral. Sie ist die logische Konsequenz aus der herrschenden Moral, der Moral des Hedonismus, dessen Credo: „Mache in deinem Schlafzimmer, auf deinem PC, mit deiner Beziehung, deinem Körper und Leben, was dir Spaß macht, solange es keinem schadet“, so vollzogen wird.
Die Überwindung der Dekadenz, die versucht, sich ihren Folgen und Verheerungen im Kleinen entgegenzusetzen, kann dies nicht allein durch moralische Selbstdisziplinierung erreichen. Hier herrscht oft das, was Nietzsche an der falschen Askese kritisierte: „Rathe ich euch zur Keuschheit? Die Keuschheit ist bei Einigen eine Tugend, aber bei Vielen beinahe ein Laster. Diese enthalten sich wohl: aber die Hündin Sinnlichkeit blickt mit Neid aus Allem, was sie thun. Noch in die Höhen ihrer Tugend und bis in den kalten Geist hinein folgt ihnen diess Gethier und sein Unfrieden. Und wie artig weiß die Hündin Sinnlichkeit um ein Stück Geist zu betteln, wenn ihr ein Stück Fleisch versagt wird! Ihr liebt Trauerspiele und Alles, was das Herz zerbricht? Aber ich bin misstrauisch gegen eure Hündin.“
Hier wird auch das wahre Wesen des Nihilismus und der Dekadenz verkannt. Sie ist, wie oben angedeutet, die „gesunde“ und logische Reaktion auf den „Tod Gottes“, den Untergang jeden Wertes und jeden Sinns. Der Hedonismus, der den Spaß als Zentrum des eigenen Daseins setzt, ist die notwendige Folge des „Tod Gottes“ und das Wesen der Moderne, die mit der Technik auch erstmals den Möglichkeitsraum für ihn schuf.
Wer geistig dem Wesen der Moderne treu bleibt, also letztlich nihilistisch ist, wird niemals in der Lage sein, Dekadenz und Hedonismus zu überwinden. Wer subjektivistisch und humanistisch denkt, wer nicht glaubt, dass es Wahrheiten und Traditionen gibt, die über einer Willkür des menschlichen Subjekts, über seiner „Selbstentfaltung“ stehen, wird niemals in der Lage sein, gegen die Logik der Auflösung der Tradition zu gewinnen. Um die Dekadenz zu überwinden müssen wir verstehen, woher sie stammt. Will man einen Rohrbruch trockenlegen, muss man den Haupthahn abdrehen, nicht irgendeinen Wasserhahn. Das mahnende Herumschrauben an einzelnen Dekadenzerscheinungen bringt nichts. Der Nihilismus als Wurzel der Dekadenz muss überwunden werden.
Auch im kleinsten Kreis, auch im eigenen Herzen reicht für den symbolischen Vorhut-Sieg gegen die Dekadenz keine bloße Versagung, Askese und bittere Ablehnung, in der der Wille sich dem Hedonismus versagt. (Der Askese-Kult ist von Bodybuilding bis hin zur „Nofap“-Bewegung längst als leistungsteigerndes Prinzip in den Liberalismus eingebettet worden und wird gerade als „gesunder Verzicht“ in seiner aufschiebend-luststeigernden Wirkung für spätere Genüsse und der Figuroptimierung erkannt) Viel weniger als um die Willensmacht zur Askese geht es um die Frage einer Glaubenskraft zum freudigen Verzicht, der bewusst und in Hinblick auf einen höheren Wert geschieht. Diesen kann aber niemals einer oder eine kleine Gruppe für sich selbst „erfinden“.
Er geht immer ein ganzes Volk und eine ganze Kultur an.
Die Überwindung der Dekadenz, zu der die Masse und das Gros der „Rechten“ nicht in der Lage ist, kann, wenn sie sich zuerst im Kleinen und vor allem im eigenen Leben vollziehen soll, paradoxerweise KEINE allein private Askese sein.
Eine Einsicht in das Wesen von Hedonismus und Dekadenz erkennt erstens ihre Zusammengehörigkeit mit dem Nihilismus, also dem Wegfall aller Werte. Sie erkennt jene als logische Folge dieser und in all dem einen umfassenden zivilisatorischen und geistesgeschichtlichen Prozess, der ganz Europa befallen hat. Wer gegen Dekadenz und Nihilismus vorgeht, geht immer notwendig aufs Ganze.
In seinen eigenen Schwächen und Verhaftungen im System des Blooms bekämpft er gleichzeitig einen allgemeinen Zustand der Gesellschaft. Es geht also nicht mehr, wie etwa im Mittelalter oder der Antike, nur darum, im Rahmen einer intakten Moral seine eigene Tugend wahrhaftig und vollkommen zu machen. Der Kampf um Tugend und ein gutes Leben richtete sich notwendig gegen die herrschende Moral, die in sich eine lebensfeindliche Unmoral ist. Oft — ohne es zu wissen — sind wir tief von dieser Unmoral und ihrer zugrundeliegenden Weltsicht geprägt, um nicht zu sagen: infiziert. Ein reiner „Wille zur Gesundung“, nicht ein Stehen außerhalb der Krankheit unterscheidet uns vielleicht vom Rest der Gesellschaft, von den Spießer- und Avantgardeblooms. Es ist die dumpfe Ahnung, dass „etwas“ nicht stimmt, dass dieses „etwas“ uns tötet und weit größer ist als eine bloße gesellschaftliche Phase oder „Entwicklung“. Dieser Wille treibt uns zu einer echten Erkenntnis und Diagnose, die jeder Gesundung und Therapie zuvor gehen muss.
Der private Kampf gegen Dekadenz und Nihilismus ist also nicht vom Kampf gegen die Geisteslage unseres Volks insgesamt trennbar und wird damit auf geheimnisvolle Art und Weise eine besondere Aufgabe des „rechten Lagers“, das im Kampf um das ethnokulturelle Überleben immer wieder auf die Frage nach Dekadenz und Nihilismus gestoßen wird.
Eine echte Diagnose der Dekadenz muss sie als Ausdruck des Nihilismus erkennen und damit in ihrer ganzen geschichtlichen Größe und Wahrheit verstehen. Sie ist das Endergebnisse einer langen Entwicklung - der Ausbruch eines uralten Schwelbrands. Was so lange wucherte und sich wandelte, wird nicht in einer heißen Nacht besiegt. Der Nihilismus ist eine Störung des Ganzen, die man im Ganzen verstehen muss, um einen Ausweg zu finden. Das heißt: ihn auch in seiner geschichtlichen Entwicklung in seiner philosophischen Grundlage zu verstehen.
Es sind keine „fremden Viren“, keine „kleine Elite“, die gegen ein „gesundes, normales Ganzes“ vorgehen würden. Es genügt nicht, zur Hatz gegen die Avantgarde-Blooms oder nur zu einer moralischen Erneuerung aufzurufen. Die Auswüchse einer inneren Krankheit abzuschneiden oder wegzuätzen, ändert nichts an der Krankheit selbst. Sie wird verdrängt und bricht an anderer Stelle nur viel schlimmer hervor. Der Kampf gegen einen Personenkreis der „Zersetzer“ und „Nestbeschmutzer“ wirft die Frage auf, was sie zersetzen und beschmutzen, und warum es zersetz- und beschmutzbar geworden ist. Der Aufruf zur Erneuerung trägt in sich die Frage nach dem Zeitpunkt, der wiederhergestellt werden soll. In moderner PC-Sprache gesagt: Woher wissen wir, welcher Systemwiederherstellungspunkt noch „virenfrei“ war? Oder kann man aus dem Zustand der Infektion überhaupt in ein virenfreies „Davor“ zurück?
All diese Fragen sollen im weiteren Verlauf des Textes gestellt werden, doch eines sollte bereits jetzt klar sein. Erst wenn ein inneres Gleichgewicht wieder hergestellt ist, gesundet das Ganze — die Auswüchse trocknen aus und fallen von selbst ab.
Die Frage nach Sinn und Ziel
Betrachten wir den Nihilismus näher, so sehen wir, dass er eine Negation ist. D.h. er ist die verneinende Antwort auf eine bestimmte Frage und ein bestimmtes Bedürfnis des Menschen. Beginnend mit der Aufklärung hat der Nihilismus das suchende Bedürfnis des Menschen nach ganzheitlicher Ordnung, Aufgehobenheit, Geborgenheit, Sinn der Welt und seines Lebens, Gerechtigkeit und Rechtfertigung des Daseins negativ beantwortet.
Stattdessen wurde der Zufall, das freie Spiel der Kräfte, die autosuggestive Sinnstiftung, der Darwinismus und eben zuletzt der Hedonismus gesetzt, der sich als politische Bewegung in Liberalismus und Marxismus zum Wohl der ganzen „Menschheit“ mobilisiert.
Wir wollen nun näher auf die Frage eingehen, die der Nihilismus negativ beantwortet und abdämpft, um aus ihrer Stoßrichtung, und dem nihilistischen Abstoß, vielleicht sein Wesen besser zu verstehen.
Der Kampf gegen Dekadenz und Nihilismus muss ums Ganze gehen. Es geht ihm um den Totalverlust von Sinn und Werten, das was Nietzsche den „Tod Gottes“ genannt hat. Dem Mensch der Moderne bleibt nur eine Beliebigkeit und Kreisen um den eigenen Nabel. Er hat jedes Ziel verloren. Damit fehlt ihm die innere Ruhe des Wanderers, der auf gewissem Pfad einem gewissen Ziel entgegenschreitet. Der Ziellose muss sich ständig seiner Bewegung vergewissern, um diese Ziellosigkeit zu überspielen . Er kann niemals inne halten.
Eine Panik vor dem Stillstand und dem ewig gleichen Kreisen um das Nichts beherrscht den modernen Menschen. Dies äußert sich in einer Sucht nach Bewegung, nach „Fortschritt“ und ständigem Tapetenwechsel. Ständige musikalische Untermalung, ständige Bildreize müssen den Bloom den ganzen Tag vor ihm selbst retten. Sie schützen ihn vor der inneren Verzweiflung über seine eigene Nichtigkeit und die Nichtigkeit des Ganzen, die immer in der Ruhe und Stille aus dem Schatten seines Egos hervorkriecht.
Der moderne Mensch dreht sich wie ein Kreisel im leeren Raum, er „rollt wie eine Kugel aus dem X“ und nimmt die ziellose Bewegung an sich, als Ersatz für Weg und Ziel.
Wachstum um des Wachstums willen, das ist der Wahnsinn, der Globalisierung, Umweltvernichtung und Masseneinwanderung zeitigt. Forschen um des Forschen willens, das Entfesseln von allen Möglichkeitspotentialen ohne der Frage „Wozu?“ — das ist der Ausdruck dieser inneren Sinnlosigkeit. „Der Sinn des Lebens ist das Leben selbst“ ist die quasireligiöse Formel, mit der alle moderne Patchwork-Religiosität die Notwendigkeit einer echten Sinnstiftung überdeckt.
Sinn kommt vom alten deutschen Begriff „sinnan“, das „auf dem Weg hin“ heißt.
Unser Dasein ist immer lebendig und in der Zeit. Wir sind auf einem Weg. Aus dieser Zeitlichkeit und dem „auf dem Weg sein“ ergibt sich von selbst die Frage nach dem Woher und Wohin. Aus der bitteren Erkenntnis, dass mein Lebensweg im Tod ein Ende finden muss, ergibt sich die Frage des „Warum“ und „Wozu“?
Das Vakuum
Der liberale Hedonismus ist als Dauerzustand ausgebreitet der Schmerz, den diese unbeantwortete Frage notwendig erzeugt. Es ist ein „geistiger Schmerz“, eine Sinnkrise und Depression, die oft mit körperlicher Lust gedämpft werden. Der Nihilismus ist das Dogma, dass es auf diese Frage keine andere Antwort geben kann, als die man sich je selbst „erfunden“ hat. Er ist das geheime innere Endziel aller modernen Ideologien, das sich nach Wegfall von Marxismus und Faschismus im postmodernen Liberalismus ans Licht wühlt. Der Hedonismus ist der letzte gemeinsame Nenner, der dem schwärmenden, augen- und ohrenbetäubenden Gewühl gemeinsam ist. Die Dekadenz, der immer neue Tabubruch, die immer neue Steigerung des Lustkitzels, der immer raschere Wechsel von Trends und Moden ist die Konsequenz der hedonistischen Verdrängung des Dogmas des Nihilismus. Denn das Leben wird unerträglich, wenn es zum Sinn seiner selbst werden, es sich selbst mit eigener Kraft tragen soll. Dass „irgendwie“ alles sinnlos erscheint, wenn man sich nicht gerade in einem bestimmten kurzfristigen Ziel verbissen hat, ist der zweite gemeinsame Nenner der Blooms, der täglich die Selbstmörder in den Tod und die gebrochenen Seelen zu den Psychiatern treibt. Jeder von uns kennt den Wechsel zwischen manischem Hineinsteigern und depressiver Ernüchterung, kennt den horror vacui, der aufkommt, wenn gerade kein Stimmungshoch das Bewusstsein trägt. Man läuft auf Grund. Hier fehlt etwas, hier ist es ein Loch. Dieses Vakuum ist der wahre Grund der Dekadenz.
Warum bleibt die Antwort auf die Sinnfrage aus? Warum bleibt sie, nicht nur für einzelne verfehlte, traurige Existenzen, wie z.B. im Mittelalter jeder an Gott zweifelnde Relativist erscheinen musste, sondern für eine ganze Zivilisation, eine ganze Epoche aus?
Warum hat sich in ihr die Gewissheit, dass diese Frage niemals „objektiv“ zu beantworten ist, als einzige echte objektive Wahrheit und Antwort durchgesetzt? Warum konnte sich daher gerade in ihr eine Unmoral zur Herrschaft aufschwingen, in der der Regelbruch zur Norm und das Laster zur Tugend wird? All das sind epochale Fragen, die die politische Interessenssphäre einzelner Völker weit übersteigt. Wir wollen uns diesen Fragen erst später stellen und zuvor aus dem über den Nihilismus Erkannten ein Fazit für eine mögliche Gegenbewegung ziehen.
Das „antinihilistische Bewussstsein“
Erkennt man den Nihilismus als Verweigerung einer Antwort auf eine Daseinsfrage, und im Dauerzustand als ein Vakuum, in dem die Dekadenz wuchert, muss man sich eingestehen:. ##Es geht weniger darum, die Auswüchse der Dekadenz zu kritisieren und zu beschneiden, als darum, diese Leere zu füllen und die Frage zu beantworten.. Es muss nichts wegoperiert, vertilgt und vernichtet werden. Es fehlt etwas. Wir haben nicht zu viel, sondern zu wenig. Nihilismus und Dekadenz würden jetzt auch nicht mehr verschwinden, wenn unser Zuviel an Ablenkungen und Waren verschwindet. Sie würde im Gegenteil stärker bewusst. Man mag sich gar nicht ausdenken, was heute geschehen würde, wenn man die westliche Welt eine Woche auf „Entzug“ setzen, Shopping Malls und Fastfoodketten zusperren, das Internet abdrehen, Antidepressiva, Aspirin, Alkohol, Gras und Partydrogen „absetzen“ würde. Man hätte wohl etwas, das am nächsten an eine „Zombie-Apokalyse“ herankommt. Er wird nur wieder bewusst und ein Heulen des Schmerzes, wie auf einer Intensivstation, auf der die Schmerzpumpen abgestellt werden, würde durch Europa gehen. Der Schmerz verschwindet nicht, wenn man die Schmerzmittel wegnimmt. Der Gedanke, dem Kranken seinen Schmerz so erst bewusst zu machen, damit er endlich nach dem wahren Grund für ihn zu fragen beginnt, ist zwar reizvoll, doch ohne ein echtes Heilmittels parat zu haben, kommt dieser Wunsch einer ( teils nachvollziehbaren) apokalyptisch-misanthropen Vernichtungssehnsucht gleich. Damit wäre aber noch nichts erreicht und keiner weiß, was das Ergebnis wäre. Massensuizide sind ebenso denkbar wie ein Ausbruch in hordenartige, selbstzerstörerische, kannibalische Anarchie, wie sie Jean Raspail in „Sieben Reiter verließen die Stadt“ beschreibt. Die moderne westliche Konsumwelt ist also, so können wir festhalten, nicht Ursache von Dekadenz und Nihilismus, sondern vielmehr das Resultat des nihilistischen Zustands.
Wie ein verkrüppelter Bettler, der versucht, sein krankes Bein mit einem Holzgestell zu stützen, schuf sich das sinnentleerte und willenskranke Europa das Polster des Hedonismus und den dekadenten Zerstreuungsbetrieb , um sich vom Stachel des Nihilismus zu erlösen.
Zusammenbruch oder moralisch forcierte Zerstörung dieses Polsters löst heute die Sinnkrise ebenso wenig , wie es dem Bettler hilft, wenn man ihm seine Krücke unter der Hüfte wegtritt.
Die Dekadenz entstand und entsteht erst als natürliche Reaktion, als eine Art Not- und Abwehr in der Folge des Nihilismus und es gehört zum letzten geheimen Adel Europas, dass es die tragische Würde besitzt, an ihr zu ersticken. Europa vollzieht so materiell-politisch die innere Wahrheit des Zustands der höheren Sinnlosigkeit seines Daseins.
Erlöst die Krise von Nihilismus?
Wer also hofft, dass in einer radikalen Wirtschafts- und Verwertungskrise „von selbst“, aus der Not ein neuer Wert geboren und den Nihilismus besiegen würde, hofft eben nur (Wobei diese Hoffnung noch immer berechtigter ist als die meisten konservativen Ideen zusammen. Damit es besser wird, muss es unbedingt anders werden. Radikal anders. Wo eine Lösung undenkbar erscheint, ist die Auflösung nicht der schlechteste Schluss.).
Dieser neue Wert wird nicht aus dem Nichts kommen, er kann nicht aus dem Nichts kommen. Keine Krise kann ihn aus dem Boden stampfen. Ohne Same wird nichts wachsen, egal wie oft man den Boden mit Blut gießt und mit Stiefeltritten aufwühlt. Die Krise ist nur Wolkenbruch und die schwüle Hitze, die einen Trieb zum Ausbruch bringt. Ohne Same bringt sie aber nichts.
Doch auch das Samenkorn braucht einen fruchtbaren Grund, wie jedes Heilmittel einen bereiten Empfänger. Insofern ist die radikale Erfahrung des eigenen Nihilismus, der in einer Betriebskrise der Dekadenzgesellschaft entsteht, tatsächlich eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung für eine mögliche Überwindung des Nihilismus gegeben.
In einer radikalen krisenhaften Zuspitzung, in einem Aufbruch des Nihilismus, wenn den Blooms mangels Ablenkungen mit einem Schlag die seelische Verdurstung bewusst wird, sind sie erst bereit für die Heilung — diese Bereitschaft ist aber noch nicht die Heilung selbst.
Die sekundäre Krise der Dekadenz kann also nur Grund und Boden für den Samen sein, der aus der Stellung der wahren, primären Krise, der Sinnkrise und der nihilistischen Negation der Wahrheitsfrage, gewonnen werden kann.
Wir haben gesehen, dass das Ressentiment der Spießer-Blooms gegen die immer extremeren Ausbrüche der Dekadenz und des Ethnozids, welche die Avantgarde-Blooms der Gender- und Multikulti-Ideologie „aussondern“, ein zahnloser Reflex ist. Wir haben gesehen, dass die rechtspopulistische Agitation nur ein Aufköcheln dieser Reflexe ist und ebenso — selbst im wahlpolitischen „best case“-Szenario — Europa auf Dauer nicht retten könnte. Wir sehen: nur eine echte geistige Wende, eine Hinwendung zu gemeinschaftstragenden Werten, zu Familie, Ethik, Ehre und Verantwortung über das eigene Ego hinaus kann eine Rettung bringen.
Diese Wende kann aber nicht allein in der kommenden, unausweichlichen sekundären Verwertungskrise des Liberalismus liegen. Sie braucht einen antidekadenten, nicht-nihilistischen „Samenkern“, der in der binnenliberalistischen Empörung der Spießer-Blooms NICHT angelegt ist. Die Avantgarde-Blooms plärren offen heraus, was innerlich jeder weiß. Dass das, was die alten Formen, das Familienbild, die sozialen Werte, bis hin zu den geschlechtlichen Identitäten getragen und abgesichert hat — „Gott“ ist tot. Diese Werte sind zu Ende kritisiert. Sie geben keine echte Antwort mehr und auch ihre scheinbaren Verteidiger verteidigen sie bereits mit den Waffen des Gegners, mit der „persönlichen Selbstverwirklichung“, der „Gleichheit“, der „Menschlichkeit“, etc.
Allein dadurch, dass dieser „Gott“ bezweifelbar und hinterfragbar wurde, ist man bereits unwiederbringlich aus seiner Wahrheitssphäre hinausgetreten. Man ist dabei in eine neue Sphäre eingetreten: die des Nihilismus. Erst wenn man das Wesen dieser neuen Anti-Welt, dieser Sphäre des Nihilismus als unser geistiges Gefängnis erkannt hat, könnte man vielleicht auch aus ihr, aus dem postmodernen Ende der Geschichte ausbrechen. Es ist dies der Schritt „über die Linie“, wie ihn Ernst Jünger in seinem epochalen gleichnamigen Essay beschrieb.
Dieser Schritt, wir werden später näher über ihn nachdenken, muss den Nihilismus und damit das gesamte moderne „Werte“system des Liberalismus als zu Überwindendes betrachten, bevor er überhaupt denkbar wird. Keine Steigerung des Volkszorns, keine grandiosen Wahlergebnisse werden uns aus diesem kristallenen Gefängnis des Nichts befreien. Es ist keine quantitative Steigerung bestehender Kritikpotentiale und Bewegungen, sondern ein qualitativer „Bewusstseinsschritt“, zu dem das Volk selbst im Dauerfeuer der liberalen Medien nicht in der Lage ist (Wenn es auch eine stille identitäre Sehnsucht hat, was unsere Aufgabe auch von der marxistischen Ideologie unterscheidet, welche die Sehnsucht nach „Weltrevolution“ immer erst ins Volk projiziert.). Es ist der Bewusstseinsschritt, der den wahren Feind in der Dekadenz erkennt und damit wieder die Fragen nach Sinn gegen das Dunkel des Nihilismus stellt. Diesen Schritt kann auch nur das Volk als ganzen vollkommen vollziehen — ja in der planetaren Phase der Moderne und des Nihilismus muss auch die Frage nach den anderen Völkern gestellt werden.
Er betrifft immer eine ganze Kultur, eine ganze Sprachwelt und eine ganze ethnokulturelle Gemeinschaft, in deren Kreis allein sich jemals Sinn, Wahrheit und Wert wirklich bilden konnten.
In einer nötigen Kampf- und Vorphase zu diesem Schritt wird sich seine Vorbereitung, der „Ansatz zum Schritt“, nur in einer kleinen Bewegung konzentrieren können, die selbst aber notwendig in einer nihilistischen Umgebung verbleiben muss.
Diese Bewegung muss also ein „vorgreifendes Bewusstsein“ entwickeln, in dem eine kommende gesamte Überwindung des Nihilismus vorwegnehmend gegen diesen vorgegangen werden kann.
Dieses Bewusstsein ist wie ein heiliges Feuer, das erst ins Volk getragen werden muss! Es muss in voller Reinheit in einem kleinen Kreis geboren werden und dann wie ein Funke in die Masse der Leute getragen werden. Und sie sehnen sich bereits danach zu brennen! Hunderttausende junge Deutsche und Europäer sehnen sich nach den „unsichtbaren Strahlen hoher Gefühle“, die sie über den Trott eines eintönigen Hedonismus erheben und wie eine Welle von sandigem Grund fortreißen. Online-Rollenspiele, Mittelalter- und Gothicszene, Ghetto-Gangs, urbaner Vandalismus, HBO-Serien, Hooligan-Prügeleien, Antifa- und NW- Aktivismus, all das sind mangelhafte Substitute für diese Sehnsucht nach Abenteuer, Spannung, Geheimnis und letztlich Sinn und Wahrheit in einer entleerten Welt. Dass fast all diese Szenen und Bewegungen einen unheimlichen Hang zur Zerstörung und eine Faszination der Apokalypse entwickeln, die zum kulturellen Massenphänomen geworden ist, verwundert nicht: „In einer Gesellschaft, die jedes Abenteuer zerstört hat, ist das letzte Abenteuer die Zerstörung dieser Gesellschaft.“
Dieses Bewusstsein muss in einer ersten Phase in radikalem Gegensatz zur Masse treten.
Die Masse — samt rechtspopulistischer Parteien — hängt in der Matrix des Liberalismus, im larmoyanten gegenseitigen Einverständnis, an Dekadenz und Nihilismus im Grunde nichts ändern zu wollen, fest. Man will um keinen Preis „prüde“ „spießig“ oder „moralisierend“ sein.
Auch ihr gesamtes Dasein, ihre Lebensentwürfe, ihre innersten, intimsten Gedanken, die letztlich doch wieder um ihr Ich, ihre Karriere, ihre kommenden Erbschaften, ihre Einkünfte, ihren Posten, ihr Ansehen, ihre Lust und ihren Spaß kreisen, sind die Energiezellen des liberalen Systems, aus denen es sich Tag für Tag re-bootet. Sie sind Teil des Blooms, sie tragen es und reproduzieren es.
Doch in genau dieser Masse, genau für diese Masse muss eine Bewegung, die ein anti-nihilistisches Bewusstsein bildet und die Überwindung des Nihilismus vorwegnimmt, tätig werden.
Ist doch der Zustand dieser dekadenten Masse direkter Ausdruck des Nihilismus. Wie alle Funkenleser oder sonstig politisch interessierte Menschen wissen, erfordert Massenpolitik und Massenbewegung immer Zugeständnisse an das Massenbewusstsein und die Massenmedien.
Wer im Dreck gräbt, muss sich schmutzig machen, wer eine Herde leiten will, muss sich zum Hammel machen, wie Nietzsche sagt.
Wir wissen auch, dass eine Idee, eine Bewegung immer nur wirksam und geschichtsmächtig werden kann, wenn sie die Ankupplung an die Masse findet, wenn sie es vermag, eine Sprache zu finden, die das „Volk“ versteht und sein dumpfes Massenbewusstsein auf das höhere Bewusstsein ihrer Erkenntnis zu heben.
Wir haben die Rechtspopulisten scharf kritisiert, weil sie der Masse nach dem Mund reden, sie bei ihren tiefhängendsten Ressentiments packen, und auf einen Weg ziehen, der nicht aus Dekadenz und Nihilismus herausführt. Dieses schmeichelnde Umwerben und sein breiter Weg sind aber massenwirksam.
Jede klare Denunziation der gesamten Dekadenz, die alle Blooms auf ihre eigene verdrängte Sinnkrise zurückwirft und sie mit einem schneidenden „memento mori“ zu einer Änderung ihres Lebens aufruft, kann daher nicht massenwirksam werden. Sie kann sich niemals gegen das „Konkurrenzangebot“ einer rechtspopulistischen Massenbewegung durchsetzen. Was tun?
Wir haben gesehen, was die Wurzel der Dekadenz ist: der Nihlismus, der den fehlende Lebenssinn als Naturzustand verewigt. Aus ihm entspringt notwendig der Hedonismus als Lebenszweck, der in seiner gesellschaftlichen Gesamtheit Dekadenz und Ethnozid bringt. Nur ein anderes Bewusstsein, das den Kampf gegen Nihilismus und Dekadenz, den nötigen Schritt über die Linie vorausdenkt und vorwegnimmt, kann daher eine echte Wende herbeiführen. Der Rechtspopulismus kann das nicht bewerkstelligen. Der „spontane Volkszorn“ samt erhoffter Krise ebenso wenig. Es ist ein neues Bewusstsein, das erarbeitet, geformt und in die unbewusst am Nihilismus leidenden Massen getragen werden muss. Aber wie kann das konkret geschehen?
Wir wollen, bevor wir näher über den Schritt, die Linie, die Sinnfrage und die Verweigerung ihrer Antwort nachdenken, eine praktische Erläuterung des Zusammenhangs von rechts-patriotischem Populismus und einer Gegenbewegung zum Nihilismus versuchen.
1Der “Ghetto-Kanacken”-Style, in dem sich die Migranten „emanzipatorisch“ die „gesellschaftlichen Klischees“, wie Kriminalität, Faulheit und Gewalt, samt zugehöriger Schimpfwörter aneignen, ist nichts anderes als ihre totale Einfügung in den Liberalismus. Sie wollen denselben Luxus wie „die da oben“, sie wollen „vom Bordstein zur Skyline.“ Sie wollen nicht den Reichtum für alle, sie wollen den Luxus für sich und machen sich sogar über die zu kurz gekommenen Ghettokollegen lustig (sofern sie nicht zur eigenen idiosynkratischen „Gang“ gehören, die alles andere als eine soziale „Klasse“ ist).
Sie wollen nicht die Logik des Liberalismus für eine marxistische Revolte aufbrechen, sondern die Freuden der Dekadenz für sich und ihre Kumpels. Der schnelle und einfache Weg dorthin, der sich für den einfachen „Kanacken“ bietet, ist das Verbrechen, das in ihren Liedern glorifiziert und besungen wird. Das Verbrechen hinterfragt dabei die Eigentumsverhältnisse des Liberalismus in keinster Weise. Es will nicht alles für alle, sondern alles für sich. Der neureiche Ghetto-Gangster schützt, wie Tony Montana, seine Villa auch mit Wachleuten und Kameras vor anderen Gangstern, weil er als typischer Verbrecher das Eigentumsrecht nur selektiv – nur für die anderen – brechen will.
Die Bejahung des Verbrechens bestätigt also negativ die kapitalistischen Eigentumsverhältnisse und ist alles andere als „marxistisch“. Pech gehabt! Einmal mehr zeigt sich nach dem grandiosen Scheitern des Sowjetsystems und des Antiimperialismus/-kolonialismus, dass der Marxismus kein universalistisches Geschichtsphänomen, sondern ein geistesgeschichtliches Psychoproblem des postchristlichen Zentrums des Universalismus, also Europas ist.