Macht, Gewalt und Revolution
Die Identitäre Bewegung bekennt sich in ihren zahlreichen Positionierungen unter anderem immer wieder dazu, gewaltfrei zu sein. Und wirklich: Militanz ist das Letzte, was die bisherigen prominenten Aktionen ausstrahlen. Das hat ihr im Lager der politisch korrekten Journalisten ein gewisses verbales Entgegenkommen — „immerhin seien diese Rechtsextremen ausnahmsweise einmal nicht gewalttätig“ — beschert, im Lager der Haudraufs und Maulhelden lediglich Hohn und Verachtung.
Die Distanzierung von Gewalt wird automatisch als Schwäche und Mangel an Bereitschaft und Idealismus ausgelegt. Es wird als Zugeständnis an das Gestell, als Mitsingen im postmodernen Kanon der Harmlosigkeit und des ewigen Diskurses, betrachtet und verachtet. Auch wenn wohl viele Identitäre diese Parole tatsächlich nicht weiter bedacht haben und sie einfach nur dem Aktivismus-Sprech aller NGOs nachplappern, wollen wir hier eine nähere Betrachtung unternehmen, die vielleicht einiges über das Wesen von Macht und Gewalt erhellen wird. Neben einer Analyse der identitären Aktionsformen soll auch das plumpe, in NW-Kreisen grassierende Verständnis von politischer Macht und Gewalt, einer vernichtenden Kritik unterzogen werden.
Der Kult der Gewalt
Jeder von uns hat einen eigenen Bezug zu diesem Begriff, der wie wenig andere grelle Bilder im Geist evoziert. Die nackte, unerklärte Gewalt hat, gleich dem Schmerz, etwas Reines und Heiliges, ebenso wie sie schrecklich und abstoßend ist. Um sie hat sich in jeder Kultur und Zeit ein gewisser Kult gebildet, so wie sich immer ein gewisser landsknechtartiger Typus gefunden hat, der sie schaudernd-bewundert verkörpert.
Und wirklich — man kommt nicht umhin, diese harten Kerle zu bewundern, die, nichtachtend der Folgen und jahrelangen Konsequenzen, die sie mit ihren kurzen Handlungen auslösen, im Schatten der urbanen Metropolen dem Kult der Faust frönen. Wer ihn selbst noch nie erlebt hat, diesen einen kleinen Moment, wenn einem eine Faust ins Gesicht fährt, diese Mischung aus Überraschung und Empörung, die Schlag auf Schlag von einer Welle aus Hass und Vernichtungswillen überrollt wird, die einen mitreißt, fort aus der Alltagswelt, dieses Gefühl, wenn die Straße zur Arena wird, die Gruppe zur Rotte und die Hand zur Faust — wer das noch nie erlebt hat, darf hier nicht urteilen und diesen Kult als Kinderei abtun. Und wenn, sollte er es wagen, das seinen Jüngern ins Gesicht zu sagen.
Dieser Kult hat seine Schönheit und Daseinsberechtigung. Er ist so alt wie der Mensch selbst und gehört zum Wesen des Mannes, als dessen Ausbruch, Übertreibung und teilweise Verzerrung. Durch alle Kulturen hindurch versteht man seine Sprache. Der Respekt, den ein guter und ehrlicher Kampf zwischen den Teilnehmern erzeugt, ist ein Ausdruck davon. Das klassische Motiv — zuerst schlägt man sich auf die Fresse und dann kippt man zusammen ein Bier — ist der Ritus dieses Kults, der in Hooligan, Skinhead und diversen anderen Subkulturen gepflegt wird. Je stärker die erstickende, kafkaeske Bürokratie des westlichen Empires versucht, die Gewalt — ebenso wie das Politische und die Macht — aus der Welt zu verbannen, desto stärker wird die heimliche Verehrung der Jugend für die dunklen Helden der Gewalt und ihre anarchischen Amokläufe.
Gegen diesen Kult der Gewalt wollen wir nichts einwenden und ihn auch nicht näher beschreiben. Der Schläger ist wie die Dirne eine ewige Figur des menschlichen Theaters, die man vielleicht nicht als Nachbar haben möchte, aber auch nicht missen will. Doch gerade indem man ihm seine Daseinsberechtigung gewährt, sein Wesen versteht und anerkennt, erkennt man auch klar seine Grenzen. Er hat mit Politik nichts zu tun und überlebt und übersteht alle Wenden und Systemwechsel mit derselben Hartnäckigkeit wie das horizontale Gewerbe.
Damit ist aber auch klar, dass in seinem Geist keine Politik betrieben werden kann, dass hier Welten vor uns liegen, die ganz eigene Gesetze haben und eigene Typen verlangen. Gerade in den rechten Zusammenhängen, in denen dieser Kult natürlich immer schon zu Hause war, wird diese Trennung oft mangelhaft oder gar nicht vollzogen. Er ist der Hauptgrund, warum ein falsches Verständnis von Macht und Politik vorherrscht. Er ersetzt mit seiner Begrifflichkeit, Mentalität und Symbolik theoretische Überlegungen in jeder Hinsicht. Wir wollen hier klar gegensteuern, ohne den Kult in seinem Bereich in Frage zu stellen. Um diesen Bereich und seinen Unterschied zur politischen Macht kennen zu lernen, wollen wir zuvor kurz selbst definieren, was wir unter Gewalt verstehen.
Was ist Gewalt?
Es gibt überraschend wenige Behandlungen der Gewalt in der europäischen Philosophiegeschichte, die, wenn sie stattfanden, meist ihre Rechtfertigung und Eingemeindung mittels eines anderen Wertes unternahmen. Wer unsere Artikel liest, weiß, dass jeder Text eine bestimmte Zielrichtung hat und wir das „Infotainment“, die großen inhaltsleeren Überblicke, Zitatsammlungen und Potpourris, meiden. Auch hier wollen wir uns nicht zu sehr in diverse Gewalttheorien verlieren, sondern eine grobe Unterscheidung treffen. Man kann Gewalt entweder eng führen und, ähnlich dem Strafrecht, als reinen Eingriff in die körperliche Integrität betrachten. Man kann den Begriff weiter fassen, wie Max Weber in seiner berühmten Definition, wonach Gewalt die Chance sei, „den eigenen Willen in sozialen Beziehungen auch gegen Widerstreben durchzusetzen.“
Man kann ihn auch total entgrenzen und in der Gewalt den transzendenten Urgrund zu sehen, der hinter jeder Ordnung, in jedem Wort und jeder Geste steckt. Je weiter der Begriff gefasst wird, desto weniger erklärt er und desto nichtssagender wird jede Betrachtung über ihn. „Alles ist Gewalt“ kann man leicht postulieren, um sich nachher in poetischen Schilderungen über das gewaltsame der Zeugung, des Geburtsschreis, der kosmischen Kräfte und der Natur zu ergehen. Ebenso könnte man aber mit einem „Alles ist Liebe“ dasselbe Spiel treiben, das je nach Begabung literarisch interessant, theoretisch aber nichtssagend ist.
Was man damit letztlich aussagt ist, dass allem Seienden etwas Gewaltsames anhaftet. Das widerspricht in keiner Weise der von uns präferierten engen Definition von reiner Gewalt als physischem Verletzungsakt von Menschen gegen Menschen. Dazu zählt zuerst einmal jegliche physische Handlung, welche die körperliche Integrität beeinflusst, der Schlag ins Gesicht, das Fixieren am Boden sowie der Stich der Tätowiernadel. Ob dieser Akt im Einverständnis oder gegen den Willen geschehen ist, ist für die Definition erst einmal gleichgültig. Auch die Gewalt gegen das Eigentum einer Person, etwa das Aufbrechen ihrer Türe, das Knacken ihres Computers, etc. ist in weiterer Folge in die Definition einzubeziehen.
Psychische oder gar „strukturelle“ Gewalt wollen wir nicht in die Grunddefinition einbeziehen, da wir sonst ins Uferlose abgleiten. Wir werden sie später behandeln. Diese oben beschriebene Form von Gewalt ist in allen politischen Ordnungen an sich verpönt und reguliert. Da politisch-rechtliche Ordnungen unweigerlich dort entstehen, wo der Mensch als zoon politicon lebt, ist die generelle Ächtung der freien, ungeregelten Gewalt eine anthropologische Konstante, was dem oben beschriebenen Kult der Gewalt seinen rebellischen Charme verleiht.
Überall wird die nackte, physische Gewalt reglementiert und ihre unbegründete oder regelwidrige Ausübung unter Strafe gestellt. Sie bekommt einen Platz in der Ordnung, die in der Regel eine juristische Ordnung darstellt. Damit gibt es für den Rechtsunterworfenen klar umrissene Situationen, in denen sie angewandt werden darf. Die freieste Gewaltausübung kommt in der Ordnung immer dem Ordnungshüter zu. Diese Organe haben das Gewaltmonopol inne. Das heißt, der Einsatz gezielter und nicht rein reaktiver Gewalt (wie in der Notwehr) kommt alleine ihnen zu. Die reine, nackte Gewalt hat also immer den Charakter des Chaos und der Unordnung, die in Bruchstellen der staatlichen Macht wächst und von ihr in einem ewigen Ringen bekämpft werden muss, was die traditionalen Religionen als Tötung des Monstrums, Drachens oder Riesens symbolisch in seiner kosmischen Dimension darstellten.
Beide Pole — der Staat und seine ordnende, vernünftige Macht sowie das Chaos und seine schöpferische Zerstörung — sind Pole, die sowohl im Einzelnen als auch im Volk ihre eigenen Symbole, Kulte und Bedeutungen erhalten und in ihm ihre dynamische Einheit finden. So wie Vernunft und Wahn, Trieb und Wille in uns, so vereinigen sich in der ethnokulturellen Gemeinschaft der Staat und das Chaos, Dionysos und Apoll. Dass beide sich bekämpfen und begrenzen, ist ebenso wenig Widerlegung ihres Zusammenwirkens wie der Widerstreit zwischen Herz und Verstand im Menschen den organischen Zusammenhang widerlegen würde.
Die politische Macht
Die politische Macht ist nach dieser Betrachtung der Gewalt entgegengesetzt. Sie ist von Vernunft und Ordnung geleitet. Dass sie diese Ordnung in einem schöpferisch, gewaltsamen Akt ins Chaos der Welt setzt, ändert nichts daran, da diese Setzung gerade gegen die Gewalt von außen und in einem selbst geschieht. Zudem setzt sich die organische Gemeinschaft diese ihre Ordnung selbst. Die Staatspolitik ist nur die flüchtige und temporäre Konkretisierung der wechselnden politischen Ziele der sie überdauernden ethnokulturellen Gemeinschaft. Sie erwächst aus der Sprachwelt und den Mythen, die diese vorgeben und ist niemals ein Kontrakt, der aus dem Nichts das Kollektiv schafft.
Politische Macht wird immer legitimiert und ist in ihrem Wesen nicht automatisch gewalttätig. Politik ist die gemeinsame Regelung des gemeinschaftlichen Lebens des Gemeinschaftswesens Mensch, die in verschiedensten Staatsformen geschehen kann. Immer aber muss sie von einer metapolitischen Zustimmung, einer kulturellen Hegemonie getragen sein, die sich auf Dauer immer nach dem Gefühl und der Meinung des Volkes (nicht der Mehrheit) und nicht dem Willen der Herrschenden richtet.
Der Herrscher muss seine Herrschaft legitimieren. Sie ist die allgemeine Zustimmung des Volks zur Ordnung, die er als Leiter vertritt. Wenn er gegen die Gesetze dieser Ordnung und ihrer Legitimation verstößt, verfällt seine Macht ins Nichts. Politische Macht ist also immer eine (wenn auch asymmetrische) zweiseitige Beziehung, was sie von der einseitigen Gewaltanwendung unterscheidet.
Ein Beispiel dafür ist die Idee des göttlichen Königsheils, das die Herrschaft der Monarchen im Mittelalter legitimierte. Ein innen- und außenpolitisches Versagen konnte als Verschwinden dieses mythischen Heilszustands gedeutet werden, worauf die vorher pflichtgemäße Unterstützung verweigert werden konnte. Nicht weil irgendeine Rechtsnorm dies zuließ.
Die Macht hat zwar immer einen Aspekt des Gewaltsamen. Auch wenn sie nicht akut, etwa durch einen Polizeieinsatz, die Gewalt als ultima ratio zur Durchsetzung der Ordnung anwendet. In jedem Formular und jedem Verkehrszeichen lebt ein kleiner Befehl, der einen gewaltsam affiziert. Doch durch die gerechte Herrschaft, die von der allgemeinen Zustimmung getragen sein muss, wird dieses Gewaltsame eingehegt und gebunden wie die Axt im Rutenbündel des Liktors.
Der Staat ist eben nicht, wie Hannah Arendt festhält, die „Institutionalisierung der Gewalt“, sondern von der Macht getragen. Dass ihm immer noch etwas Gewaltsames anhaftet, liegt an der oben beschriebenen Universalisierbarkeit der Gewalt und der Tatsache, dass Begriffe und Ideen nie in einer Reinform auftreten. Ebenso hat auch jede Form von reiner, nackter Gewaltanwendung auch immer einen rationalen Beigeschmack, eine gewisse Intention, oder zumindest einen gewisse Zielgerichtetheit, wie sie selbst im Faustschlag liegt.
Die Macht ist der Ausdruck einer bestimmten herrschenden Idee, eines Mythos, dem sowohl der Herrscher als auch die Beherrschten gemeinsam angehören. Revolutionär ist in letzter Konsequenz genau derjenige, der gegen diese herrschende Idee und die durch sie begründete Ordnung kämpft — nicht allerdings automatisch derjenige, der Gewalt anwendet. Die politische Macht ist somit immer nur in Bezug auf eine politische Gemeinschaft denkbar. Die Gewalt nicht. Sie ist einseitig und unverhandelbar, was auch ihre gewisse Faszination ausmacht.
Wer sich mit Politik befasst, beschäftigt sich mit Macht- und Metapolitik. Gewalt ist nicht Zentrum der Beobachtung, da sie nicht das Zentrum der Politik darstellt. Die Macht hat ihre eigenen Gesetze und kann niemals durch reine Gewalt erlangt oder erhalten werden. Sie bekämpft die freie ungeregelte Gewalt im Inneren als Verbrechen und Chaos mit ihrem Gewaltmonopol. Sie kämpft im Krieg gegen die gewaltsamen Angriffe eines anderen Machtgefüges (Staates) mit aller Gewalt ihrer Armee. Sie erhält und beschirmt die zentrale Idee, den metapolitischen „contract des idees incontestables“, der ihre Legitimation begründet, nach innen und außen.
Dennoch ist sie keine reine Institutionalisierung der Gewalt, ebenso wenig wie eine Familienordnung eine kontraktualisierte Gewalt darstellt. Die Macht, der Staat und die Ordnung in ihren tausend Erscheinungsformen sind Grundfakten des menschlichen Lebens, die man ebenso wenig wie es selbst moralisch oder rational rechtfertigen kann oder muss.
Der Versuch ihrer totalen Abschaffung führt deswegen auch mit unausweichlicher Notwendigkeit zur maximalen Aufblähung und Zusammenballung. Die Abschaffung des Politischen und des Staates schlechthin geht aufgrund des politischen Pluriversums und dessen agonalen Drucks nur in Form einer Weltrevolution hin zu einer Form von totalitärer Weltstaatlichkeit (als Erziehungsdiktatur). Die Abschaffung des Politischen führt zu einer totalen Politisierung und Infiltrierung aller Lebensbereiche, das Bestreben des Weltfriedens zum totalen Weltkrieg.
Wenn die Idee und der Mythos sterben, verliert eine politische Ordnung ihre Macht. Der metapolitische Tod der herrschenden Ideologie, der sich vor allem durch das Aufblühen der Zensur, einen verknöcherten, hypermoralischen Kunstbetrieb und eine allgegenwärtige gegenseitige Bespitzelung bemerkbar macht, trocknet die politische Macht aus. Sie verliert ihre Autorität, d. h. die Bereitschaft der Bürger, ihr freiwillig und aus Pflicht zu folgen.
Stattdessen entsteht eine unwillige, rein pflichtgemäße Befolgung des äußerst Nötigen, die ohne permanente Wohlstandsbestechung und maximale Gewaltandrohung und ‑anwendung sofort aufhören würde. Die Bürger atmen nicht mehr den Geist eines Gedankens, dessen politischer Ausdruck der Staat ist. Er erscheint ihnen fremd und kalt, als Räuber, Zwingherr und Gewalt. Wenn das geschieht, wird eine Revolution möglich.
Die Revolution
Die Revolution ist die gewaltsame Umwerfung einer Ordnung zur Errichtung einer neuen. Man darf den Verfall der politischen Macht und die Revolution nicht mit einer intraordinalen Instanz zur Änderung der Regierung (etwa einem Widerstandsrecht gegen Verfassungsbrecher) verwechseln. Diese Instanz hat nur den Sinn, die Ordnung im Namen, der ihr zugrundeliegenden Idee, wieder herzustellen. Sie ist mehr Reformation als Revolution.
Die Revolution ist zwar oft ein gewalttätiger Akt, tatsächlich spielt die Gewalt in ihr aber immer eine geringe Rolle. Niemals hat eine Armee von Revolutionären einen staatlichen Armeeverband besiegen können. Wenn eine Revolution gewaltsam ablief, dann immer so, dass die Soldaten zu ihr überliefen oder Schießbefehle verweigerten.
Sie ist scharf vom Guerillakrieg eines besetzten Landes zu unterscheiden, in dem eine Fremdherrschaft mit reiner Gewalt gegen den allgemeinen Volkswillen herrscht. Hier liegt keine politisch legitimierte Herrschaft im eigentlichen Sinne vor sondern die gewaltsame Unterjochung eines Staates unter den anderen. Damit ist es auch keine Revolution, die sie ablöst, sondern es ist der Krieg zweier Ordnungen gegeneinander.
In der Revolution also spielt die Gewalt eine wesentlich geringere Rolle als im Krieg. Sie ist vielmehr ein machtpolitisches als ein gewaltsames Phänomen. Wenn die Revolutionäre Gewalt und Kontrolle ausüben, dann ist das nur das schwindende Gewaltmonopol der politischen Macht, welches sie sich einverleiben. Ihr Ziel ist in der Regel eine andere politische Ordnung, die sie im Namen einer anderen Idee durchsetzen wollen.
Wenn die Mehrheit der Bevölkerung ihre Idee der Herrschaft und der Ordnung für legitimer hält, sie den metapolitischen Krieg bereits gewonnen haben, ist es um die Macht des Systems bereits sehr schlecht bestellt. Sobald die herrschende Idee ihre Luft verloren hat und ihre Autorität verliert, wird das Machtgefüge morsch und brüchig. Der Staat wird nervös und versucht den Autoritätsverlust mit Gewalt auszugleichen, was ihn zunehmend von seinen Bürgern isoliert. Vertrauensrisse bilden sich.
In diese Spalten dringt der Revolutionär ein und sprengt den Machtring um die metapolitische Hegemonie. Wenn er sie eingenommen hat, wenn die Bürger das Vertrauen in den Staat und seine Idee verloren haben und eine Alternatividee aufgekommen ist, reicht ein letzter Funke, der Tod eines Protestierenden, ein Brand in einem Gebäude, eine Versorgungskrise, um das Zeitfenster zu öffnen, in dem eine revolutionäre Gruppe die Macht an sich reißt.Lässt sie dieses verstreichen, kann es sein, dass der Staat sich erholt, sich reformiert und eine neue Ausformung seiner Leitidee das Machtgefüge erneuert.
Der Einbruch der staatlichen Macht und Autorität erfolgt vor jeder echten revolutionären Praxis. Die Eroberung der Metapolitik ist das erste und wichtigste Ziel der revolutionären Avantgarde. Je stärker das „Bürgertum“ (die lesende Schicht), die Medien, das politische Engagement der Massen in Demonstrationen, Bürgerbewegungen, usw. ausgeprägt ist, desto wichtiger ist die Rolle der Metapolitik und der Macht und desto unwichtiger wird die kriegerische Gewalt.
Die französische Revolution etwa zeichnet sich weniger durch gewaltsame militärische Guerilla-Aktionen aus, als durch den unbarmherzigen, unaufhaltbaren metapolitischen Totalangriff auf die herrschende Ideologie, der von philosophischen Traktaten bis hin zu massenweise verteilten obszönen Karikaturen des Herrscherpaares reichte. Hannah Arendt hat recht, wenn sie schreibt:
Autorität bedarf zu ihrer Erhaltung und Sicherung des Respekts entweder vor der Person oder dem Amt. Ihr gefährlichster Gegner ist nicht Feindschaft sondern Verachtung, und was sie am sichersten unterminiert, ist das Lachen.
In einem Staat, in dem die Metapolitik wenig bis gar nicht ausgeprägt ist, liegen die Dinge anders. Bei der Revolution Lenins gegen die zaristische Herrschaft etwa war das russische Bürgertum noch weitgehend unterentwickelt und die militärische Organisation nahm einen größeren Stellenwert ein. Dennoch war auch hier der Machtverlust des Zaren durch das Ende der Monarchie und den Tod Gottes in Europa, sowie durch den verlorenen Krieg, die Vorbedingung.
Diese revolutionäre Lage kann man nicht mechanisch herbei zwingen oder generalstabsmäßig planen. Vielmehr kann man nach dem Verständnis der Mechanismen eine genaue Lageanalyse der kulturellen Hegemonie betreiben, um dann ihre Ideen, ihre Eliten und ihre Zentren metapolitisch zu attackieren. Die revolutionäre Lage stellt sich von selbst ein und kann auf verschiedenste Arten und Weisen gelöst werden, die nicht zwingend gewalttätig und blutig sein müssen.
In dem Moment, wo ein Staat sich nur mehr mit ohnmächtiger Gewalt gegen das auch gewaltfreie Auftreten und Auftrumpfen einer Gruppe wehren kann, die von einer revolutionären Idee geleitet und von der Masse der Bevölkerung getragen ist, hat die geistige Revolution quasi schon stattgefunden. Die Notwehr gegen die, nicht strukturelle, gesetzliche sondern akut-verzweifelte Gewalt des Staates ist selbst kaum mehr nötig. Jene wird von Befehlsverweigerung sowieso meist verunmöglicht.
In einer offenen Feldschlacht gegen eine staatliche Armee hat keine Revolution der Welt eine Chance. Der Terrorismus versucht diesen Prozess genau umzukehren. Er versucht durch massive Gewalttaten gegen die Zivilbevölkerung und den Staat ein Klima der Angst zu schaffen, in dem der Staat sich zum Polizeistaat entwickelt und destabilisiert wird. Seine Verwundbarkeit soll aufgezeigt werden, sein Gewaltmonopol in Frage gestellt werden.
Dadurch soll die Masse das Vertrauen an den Staat verlieren und durch seinen Kampf gegen den omnipräsenten Terror von ihm isoliert werden. Doch genau das Gegenteil wird erreicht. Wenn die Terroristen nicht schon von vornherein einen großen Rückhalt in der Bevölkerung haben — und damit teilweise eher als Guerillas zu betrachten sind — erzeugen ihre Terrorschläge gegen das Gewaltmonopol des Staates keinen Einbruch seiner Macht oder Legitimität. Im Gegenteil: indem er als Ordnungsmacht gegen ihre offenbar chaotischen und grausamen Taten vorgeht, stärkt er sich.
Die „Verwundbarkeit“, die man so aufzeigt, wirkt auf die Bürger nicht befreiend, sondern beängstigend, solange sie nicht schon geistig vom Staat losgelöst und im Lager der Terroristen sind. Sie rufen so nach mehr Überwachung und Kampf gegen den Terror. Die rein gewalttätigen Schläge gegen das Gewaltmonopol des Staates sind für diesen nur Kratzer. Tausende Waffenfabriken und Kasernen produzieren Tag für Tag Nachschub, während für die Terroristen schon der Kauf eines Telefons einen großen logistischen Aufwand bedeutet.
Verlustreich, sinnlos und grausam — das ist der Terrorismus, der stets auf einen theoretischen Bankrott und eine quälende Ohnmacht verweist. Der Staat kann durch reine Gewalt nur in einem echten Krieg von einem anderen Staat beseitigt werden. Hier wird zwar auch durch schwarze Propaganda die Macht des Staates attackiert; Selten allerdings will und wird man die gegnerischen Zivilisten für sich gewinnen, sondern meist nur ihre Kampfmoral zerstören.
Fassen wir zusammen: Wir haben nach einer kurzen Betrachtung über den Kult der Gewalt, der Gewalt als universales Phänomen, als poetisches-philosophisches Prinzip, die Gewalt als physische Kraftanwendung und Zwang gegen Menschen und ihr Eigentum definiert. Sie ist willkürlich und einseitig und wird in jeder Gesellschaft reglementiert. Sie haben wir klar von der politischen Macht unterschieden, die immer in Bezug auf eine Gemeinschaft, im Rahmen einer bestimmten Idee besteht und, wenn sie in den Augen des Volks legitim ist, vor allem durch Autorität herrscht.
Die Macht steht also anders als die Gewalt nicht in der alleinigen Verfügung des Herrschers, sondern wird ihm von der Gemeinschaft zugesprochen. Sie steht in untrennbaren Zusammenhang mit der herrschenden Idee, dem leitenden Mythos, der die gesamte Ordnung umfasst. Der Staat schützt nach innen vor der chaotisch-anarchischen Gewalt des Verbrechens und nach außen vor der kriegerischen Gewalt anderer Staaten.
Eine Revolution ist keine gewaltsame Machtübernahme, keine kriegerisch-militärische Eroberung des Gewaltmonopols, sondern wird bei einer metapolitisch induzierten oder anderweitig auftretenden Machtschwächung des Staates möglich. Der Staat, der an einer Machtschwäche und Legitimationskrise leidet, muss, wenn er keine Regeneration seiner metapolitischen Basis erreichen kann, mehr und mehr Gewalt anwenden, um herrschen zu können, was seine Legitimation weiter schwinden lässt.
Die revolutionäre Arbeit ist daher vor allem metapolitische Arbeit. Als gewalttätiger Terrorismus erreicht sie das Gegenteil von dem was sie will, da sie nicht die Macht, sondern die Infrastruktur und das Gewaltmonopol angreift und dafür letztlich keine Sympathie, sondern Hass erntet. Wir wollen nun diese Erkenntnisse mit dem herrschenden Verständnis von Macht, Gewalt und Revolution im NW in Kontrast bringen.
Der Nationale Widerstand als pseudopolitischer, terroraffiner Kult der Gewalt
Rufen wir uns das eingangs Geschriebene in Erinnerung. Der Kult der Gewalt, das Maskuline, die Betonung des Kämpferischen, Wehrhaften hat seinen festen Platz in den aktiven Gruppen der rechten Zusammenhänge. Das ist an sich auch kein Problem, sondern trägt viel zur Attraktivität bei. Aktivisten sind auch einfach immer in der Lage, ihren Mann zu stehen und werden niemals Ministranten oder Chorknaben sein.
In politischen Jugendbewegungen sammelt sich ein bestimmter kämpferischer Typ, der einfach eine gewisse Faszination für den Kampf, das Kräftemessen und dessen charakterliche Herausforderung hat. Hier liegt auch wie gesagt kein Problem. Auch die Theoretiker vom Funken sind allen wütenden Vorwürfen hasserfüllter NSler zum Trotz keine Stubenhocker, die beim Fußball immer als letzte gewählt wurden. Das Problem entsteht, sobald man versucht, aus dem Kult der Gewalt heraus Politik zu machen. Im NW herrscht ein plumpes Verständnis von politischer Macht und deren Eroberung vor. „Macht kommt aus den Gewehren.“, so der Tenor der machohaften Waffennarren. Von der missverstandenen Parole „Leben ist Kampf“ über einen Vulgärdarwinismus führt der Irrweg direkt zum politischen Elend des nationalen Aktivismus der letzten Jahrzehnte.
Der Kampf, der fast ausschließlich physisch und gewalttätig gedacht wird, sei Urprinzip des Lebens und heute führe man einen “Krieg” auf Leben und Tod gegen „das scheiß System“. Dazu gesellt sich meist eine deftige Portion SA-Romantik. Ganz abgesehen von der verfehlten Orientierung am NS wird übersehen, dass die Straßen-Gewalt der SA in keiner Weise der letzte Auslöser für die NS-Machtergreifung war. Im Gegenteil: Man tat danach alles, um sie wieder los zu werden. Auch die vorherigen Putschversuche (Kapp-Putsch) waren nicht kriegerisch-militärisch gedacht.
Tatsächlich war Deutschland damals in einer revolutionären Lage, die Weimarer Republik metapolitisch machtlos und zwei radikale Gruppen kämpften um die Vormachtstellung. Während die Marxisten — getreu ihrem Dogma vom Klassenkrieg des Proletariats gegen die herrschende Klasse und ihr Klassenrecht/kunst/staat — damals vor allem plump-gewalttätig vorgingen, Waffen horteten, Kasernen besetzten usw., hatte der NS das entscheidende Schlachtfeld erkannt. Lange bevor die Partei hohe Wahlerfolge erzielte, erreichte der NS-Studentenbund (NSDStB ) an den Unis bereits beachtliche Wahlerfolge. Lange vor der Machtergreifung hatte er die totale Vorherrschaft im AstA.
Gramsci erkannte später in seiner Analyse, dass die Marxisten genau an diesem Missverständnis vom Wesen der Macht und ihrer Ignoranz gegenüber der Metapolitik — die sie als Widerspiegelung der ökonomischen Basis als Klassenkultur abtaten — gescheitert wären. Der NS hatte sein Herrschaft über das deutschnationale bis konservative Kleinbürgertum, die Studentenschaft, über die Vorarbeit von Künstlern und Denkern gewonnen, deren Denken er teilweise arg verzerrte.
Der NWler betrachtet den Kampf gegen das “System” wie eine Schlägerei oder das Katz- und Maus-Spiel mit der lokalen Antifa. Er hat nur einen Modus im Kopf: Den der Straßenschlacht, der gewaltsamen Übernahme und des Tags X. Der Krisenkult ist der Ausdruck dieser strategischen Armut. Er ist die stupide Sehnsucht nach einem Szenario, in dem die eigene Standard-„Strategie“ effektiv sein könnte.
Immer werden die Auseinandersetzung, die Straßenschlacht und die Gewalt gesucht. Wenn der Staat gegen die eigene Gruppe Gewalt anwendet, gilt das als untrügliches Zeichen am “richtigen Wege” zu sein. Wie die Dorfjungen nach den Schlägereien stolz ihre Beulen und Schrammen vergleichen, so machen die „Nationalen Sozialisten“ nach dem Aktivismus-Gebalge und dem unweigerlichen Repressionsschlag stolz einen auf dicke Strafakte — der Schreiber dieser Zeilen könnte bei diesem Wettbewerb übrigens durchaus in der unteren bis mittleren Liga mitspielen.
Das eigene politische Denken spielt sich nur in Begriffen und Bildern der Gewalt ab. Der Waffenkult, der Wehrsportkult und auch der Terrorismuskult, der, wenn auch kaum praktisch, so doch zumindest als stille Sehnsucht und ohnmächtige Ausbruchsphantasie sehr weit verbreitet ist. Das alles ist, wir haben es schon gefühlte hundert Mal festgehalten, Ausdruck einer fehlenden geistigen Arbeit und einer ungesunden, quasireligiösen Bindung an den NS, die zur Verfettung der Hirnwindung und zur Verfilzung der Synapsen führte.
Die theoretische Weiterbildung, die an die Konservative Revolution und nouvelle droite hätte anknüpfen können, war nicht existent und die “Strategie” konnte guten Gewissens unter “ferner liefen” abgehakt werden. Alles Tun war eine Flucht in einen manischen „Aktivismus“, der das Immergleiche in immerneuen Gewändern präsentierte. „Irgendwie“ wollte man an Masse gewinnen, und „das System abschaffen“.
Wie genau die herrschende Ideologie beschaffen ist, wie die ökonomische und geopolitische Lage Deutschlands und Europas aussieht, wie die akademischen Diskurse stehen, wer heute unsere Feinde sind, wo heute unsere Interessen liegen, ja was überhaupt die Essenz eines im weiteren Sinne „nationalen“, patriotischen Denkens ausmacht, daran wurde kein Gedanke verschwendet. Die herrschende Ideologie wurde schlicht unter „reeducation“ subsumiert, mit der man am Tag X per Gewaltmaßnahmen aufräumen wolle.
Mittels militantem Auftreten, gewalttätigen Gedöns in der Szenemusik, Hassparolen und dem Krieg gegen das System imaginierte sich der NW in einen Zwitterzustand zwischen Revolutionär und Großstadtguerilla, obwohl er weder das eine noch das andere war. Er ist bzw. war — seine besten Zeiten scheinen vorbei — eine metapolitische Bewegung, die mangels irgendeiner strategischen Ausrichtung oder metapolitischer Analyse, pseudomilitant und tendenziell terroristisch dachte und agierte. Das Augenmerk auf „Anti-Antifa-Arbeit“ und „national befreite Zonen“ zeigt deutlich, dass der NW vor allem nach gewalttätigen Aktionsfeldern suchte. Wie wir aber vorher erkannt haben, ist die Macht eines Staates nicht mittels Gewalt zu gewinnen.
Was niemals aus den Gewehrläufen kommt, ist Macht.
Die metapolitische Landschaft ist zu analysieren, die eigene Stellung in ihr zu erkennen und ein klarer Weg zur Sammlung, Einigung und Inmarschsetzung aller patriotisch Denkender Richtung kulturelle Hegemonie zu organisieren. Die Nervenzentren der herrschenden Ideologie müssen ausgemacht und attackiert, ihre Plattformen und Brutstätten besetzt und unterminiert werden.
Dort, wo das Volk bereits das Vertrauen in die Ideologie des Empires verloren hat, muss angesetzt und über gezielte Infoarbeit und Enthüllungen weiter Terrain gewonnen werden. All das wäre die Aufgabe einer metapolitischen Bewegung gewesen, die sich den Sturz des heutigen Ungeists zur Aufgabe gemacht hat. Der NW war niemals diese Bewegung, aber hat jahrzehntelang jene gebunden, die sie hätten bauen können. Statt ihm an einer gewissen Stelle einen subkulturellen Platz einzuräumen, wurde der NW ein Auswuchs aus dem Kult der Gewalt und mit entsprechenden Soziopathen durchsetzt, die zwar gut für eine Sauftour sind, voll netter Geschichten stecken und in einer Schlägerei besser auf deiner Seite sind, aber in einer politischen Funktion gar nichts verloren haben.
Er hat kein Verständnis für das Wesen von politischer Macht und denkt sich das politische Ringen wie ein simples „Capture the Flag“ beim Paintballspiel. „Der ist der Böse, er hat die Macht und wir brauchen mehr und bessere Männer, um sie ihm gewaltsam weg zu nehmen“. Tatsächlich geht es zuerst und vor allem um die eigene Lage und Stellung in der Meinung der Bürger, deren gemeinsame Übereinkunft auf lange Sicht die politische Macht bestimmt.
Die enorme Diskrepanz, die hier zwischen der stillen Meinung und der Medienmacht liegt und die ein ebenso enormes Potential für eine freche, metapolitische, patriotische Protestbewegung geboten hätte, ist es, was der NW Jahrzehnte ungenutzt liegen gelassen hat. Grund dafür ist, dass er keine metapolitisch-identitäre Bewegung, sondern ein Konglomerat nationalsozialistisch-terroraffiner Gewaltzellen war.
Anstatt die staatliche Gewalt links liegen zu lassen und das Herz der Metapolitik anzugehen, damit echte Macht zu gewinnen, wie das die Linken seit Gramsci mit Erfolg unternehmen, verbiss er sich in ein tragikomisches Gefecht mit dem Gewaltmonopol des Staates, feierte irgendwelche uninteressanten Ausbrüche aus irgendwelchen noch uninteressanteren Demo-Kesseln wie gewonnene Feldzüge und hoffte letztlich nur auf eines: dass am Tage X das staatliche Gewaltmonopol wie von selbst zusammenbrechen würde und man selbst es ersetzen könne. Die Leute würden sich dann natürlich sofort freudig unterwerfen, ginge es doch nur darum, wer die Gewalt im Staat inne hat. Zudem wäre das militant- gewalttätige Auftreten des NW ein Garant dafür, dass die Bürger in der kommenden Krise hoffnungsvoll auf ihn blicken würden.
Tatsächlich hat der NW keinen Funken metapolitische Macht oder Sympathie im Volk gewonnen, seine Träume von der Erringung des Gewaltmonopols waren immer schon irrwitzig und die Rolle als militant-terroraffiner Belzebub ist genau jene, gegen die in Krisen eine echte Ordnungsmacht auftritt. Um nochmal auf den NS zu rekurrieren: Adolf Hitler wurde für viele auch als Garant gesehen, den täglichen Terror zu beenden, der in dem Vorbürgerkrieg von SA und Rotfront grassierte- nicht weil man die SA als gewalttätige Organisation so schätzte.
Die eigene Pseudomilitanz , die fern von jeder potentiellen Umsetzung in tausend Liedern beschworen wurde, diente nur als großartiger Aufhänger für den “Kampf gegen Rechts” und als Auslöser noch größerer Repression. Dieses vertrackte Verhältnis zur Gewalt wurde nicht von der Antifa-Attacke aufgezwungen. Es liegt in den Missverständnissen des NWs, den Kampf um die Macht wie eine Schlägerei zu verstehen, sein völlige Ignoranz für Metapolitik und seinen Kult der Gewalt, der jede strategische Überlegung mit „Feigheit“ gleichsetzte.
Dass sich an diesem Zustand nichts änderte, liegt unserer Ansicht nach vor allem an einem Hauptgrund: Jede metapolitische Analyse des Status Quo und der Aussicht auf eine nationalsozialistische Bewegung in ihm, jede Reflexion über den NS, seine ungewollten geistigen Väter und seine Entwicklung hätte unweigerlich zu einem Schritt weg von dieser Ideologie, zu einer echten Überwindung und Aufarbeitung der Vergangenheit führen müssen.
Dieser Schritt wurde und wird, von einigen Kreise mit religiös-fanatischem, ja geradezu priesterlichem Eifer, dauerhaft verunmöglicht. Weil der NW strategisch weder um die kulturelle Hegemonie gekämpft, noch theoretisch die herrschende Ideologie analysiert, durchschaut und an einer vierten politischen Theorie gearbeitet hat, war er niemals revolutionär.
Identitär ist revolutionär
Nachdem wir das Wesen von Gewalt, Macht und Revolution umrissen und gezeigt haben, warum der NW von all dem nichts verstanden hat, wollen wir nun den Ansatz der Identitären Bewegung analysieren und vor allem ihren Grundsatz der Gewaltfreiheit in Verbindung mit ihrer metapolitischen Zielsetzung betrachten.
Die IB sagt von sich selbst aus, dass sie sich zum Ziel gesetzt hat, eine geistig-kulturelle Revolution herbeizuführen, deren Ziele klar metapolitisch definiert sind. Gleichzeitig betont sie die Gewaltfreiheit ihres Vorgehens. Wer darin mangelnde Überzeugung und Opferbereitschaft sieht, liegt schon einmal falsch. Aus der Aussage, einen gewaltfreien Weg zur Erringung einer metapolitischen Macht einschlagen zu wollen, kann nicht geschlossen werden, dass man nicht grundsätzlich bereit wäre, alles Erdenkliche zu tun.
Es ist auch möglich und durchaus denkbar, dass man aus allem Erdenklichen einfach den richtigen Weg erkannt hat und diesen gehen will. Zudem haben wir oben gezeigt, dass ein gewalttätiges Engagement, dass das Erleiden von repressiver Gewalt kein Anzeichen eines revolutionären Weges ist. Wer zu allem bereit aber zu nichts zu gebrauchen ist, wer sich freiwillig zum Krokodil im Kasperletheater macht, der kann zwar allen und jedem vorwerfen, er wäre nicht mutig und opferbereit genug dasselbe zu tun, aber er ist noch lange nicht revolutionär.
Wir haben oben beschrieben, dass die Revolution die innere Umwerfung einer Machtordnung ist, die durch eine andere ersetzt werden soll. Ebenso haben wir beschrieben, das Gewalt hierbei eine sehr geringe Rolle spielt, da es um Macht geht, die grundsätzlich keine Frage der Gewalt ist. Wir wollen nun den Revolutionsbegriff sowie den Begriff der Macht etwas genauer definieren, um zwei verschiedene Arten von revolutionärer Ausrichtung zu unterscheiden.
Das Zentrum der Macht ist immer die herrschende Ideologie, welche den Rahmen des Denkens, die herrschende Moral und die Bedeutung der Begriffe vorgibt. Der Staat und seine Vertreter haben zwar die politische Macht. Die Legitimation speist sich aber aus der herrschenden Ideologie, die wiederum von der Metapolitik gebildet, erhalten und neu geprägt wird. Zwischen Politik und Metapolitik besteht eine etwas komplexere Wechselwirkung auf deren Ausführung wir hier verzichten.
Der Staat, seine Organe, seine Kasernen und seine Infrastruktur sind somit nicht das Zentrum der Macht — das ist die herrschende Idee, welche über ihre Ontologie der Zeit, ihre Bestimmung des Menschen und der Wahrheit — und sei es nur insofern, dass es keine gäb — im Heute das Gestern und Morgen bestimmt. Die Ideologie, die heute herrscht, kann man im weitesten Sinne als liberalistisch beschreiben. Konkreter ist sie ein liberalkapitalistischer, kulturmarxistischer postmoderner Universalismus der Schuld.
Ihr zentraler Anknüpfungspunkt ist nicht unser Volk, ja nicht einmal unser Staat. Sie hat in sich eine Grenzen sprengende, internationalistische Tendenz, die sie eng mit dem Kapitalismus und Imperialismus verquickt. Ihre ideologische Herrschaft macht unseren Staat zu einem Fußabtreter und Werkzeug supranationaler Netzwerke, die nicht das Wohl Europas im Sinn haben, sondern unseren Kontinent und seine Völker im Zustand geopolitischer Machtlosigkeit halten.
Diese Ideologie greift aber noch viel tiefer und ist der modernste Ausdruck der westlichen Verfallsgeschichte des Universalismus, das Endprodukt der Seinsvergessenheit und das Reich des letzten Menschen. Gegen sie zu kämpfen und eingedenk ihrer Genealogie nicht in ihre Vorformen zurück zu wollen, sondern sie in einer vierten politischen Theorie zu überwinden — das heißt heute revolutionär sein.
Diese Revolution ist unerbittlich gegen die herrschende Ideologie gerichtet. Sie ist, was den Staat und die politische Macht betrifft, höchst konservativ. Sie will nicht die totale Gewalt entfesseln, die die politische Macht auffrisst und im Totalitarismus endet. Sie will die herrschende Ideologie zerstören, damit der Staat wieder ganz dem Volk und nicht einer abstrakten Pflicht und Ideologie dient.
Die Revolution der Marxisten ist dagegen brutal und gewalttätig, wenn es gegen den Staat, die Ordnung an sich, die Polizei usw. geht. Sie ist höchst konformistisch der herrschenden Ideologie gegenüber. Ihr gegenüber ist sie eine bloße Reform, die den Universalismus und Egalitarismus im Ende der Geschichte ebenso wie der Liberalismus erreichen will — nur eben anders und, nach ihrer Sicht, „besser“.
Die identitäre Revolution ist also eine radikale Revolution gegenüber der herrschenden Ideologie und eine konservative Reformation für die Ordnungsmacht und den Staat. Die marxistische Revolution ist eine radikale Revolution gegenüber Familie, Ordnung und Staat sowie eine konformistische Reformation der universalistischen Ideologie und des Liberalismus.
Der NW übernahm mangels einer theoretischen Reflexion mit dem Look der Autonomen auch teilweise ihren anarchistischen Kampf gegen Polizei, Staat und Ordnung. Das ist absolut unsinnig und hat mit unseren Ideen und Zielen nichts zu tun. Wir lieben law&order und sind pro border&nation. Gerade aus diesem Grund, um das Politische zu retten, muss der International-Kapitalismus ebenso wie der Liberalismus und der Marxismus abgewickelt werden, ohne dabei in einen NS/Faschismus zu kippen.
Die Identitären arbeiten also an einer radikalen Revolution gegen die herrschende Ideologie, indem sie mit ihrer Infoarbeit um die Köpfe, die Begriffe und die Meinungen kämpfen. Damit streiten sie metapolitisch um die kulturelle Hegemonie, um die Macht des Liberalismus auf den Staat zu brechen. Dieser revolutionäre Kampf ist nicht antistaatlich oder gar antidemokratisch. Im Gegenteil: In Zeiten, da das westliche Empire versucht, seine Untertanen wie Güter und Waren zirkulieren zu lassen, ist die Demokratie der Nationalstaaten eine revolutionäre Kraft, wenn sie identitär entfesselt wird. Revolutionär ist sie als Kampfmittel gegen die herrschende Ideologie von „Menschheit“, Weltstaat, Gleichheit, Multikulti, etc.
Die identititäre Revolution verbeißt sich nicht in peripheren Fragen wie der Kritik an Staatsformen und Wirtschaftssystemen sondern attackiert direkt das Herz der herrschenden Ideologie, die unsere ethnokulturelle Identität abschaffen will. Sie muss die Ideologien, die die Existenz des Volkes bestreiten oder aber den Willen zu dessen Erhaltung als rassistisch und nationalsozialistisch brandmarken, zertrümmern und den Ethnomasochismus heilen. Sie muss das Ethnische und das Transzendente zurückgewinnen und beides harmonisch vereinen. Damit tut sie nur das, was im eigentlichen Wesen unserer Staatsnation liegt.
Denn selbst in der deutschen Verfassung ist der Erhalt der deutschen Identität vorgeschrieben, wie 1987 das Bundesverfassungsgericht bestätigte:
Das Festhalten an der deutschen Staatsangehörigkeit in Art. 116 (1), 16 (1) GG und damit an an der bisherigen Identität des Staatsvolkes des deutschen Staates ist normativer Ausdruck dieses Verständnisses und dieser Grundentscheidung. Aus dem Wahrungsgebot folgt insbesondere die verfassungsrechtliche Pflicht, die Identität des deutschen Staatsvolkes zu erhalten.
Vom deutschen Staatsvolk ist immer wieder die Rede. Wie nun diese Begriffe Identität und Staatsvolk zu definieren sind und wie der Staat sie erhalten soll — das ist eine Frage, die im metapolitischen Kampf der Ideen geklärt wird. Dass die identitäre Minimalforderung nach dem Erhalt unserer ethnokulturellen Identität, welche noch vor wenigen Jahrzehnten in Deutschland absolut selbstverständlich war, heute bereits als extrem gilt, ist das bittere Erbe einer verlorenen metapolitischen Schlacht nach der anderen.
Mit diesem traurigen Erbe starten wir, als identitäre Generation, in unseren politischen Einsatz. Mit Verwunderung blicken wir auf Zeiten zurück, in denen etwas wie das „Heidelberger Manifest“ noch frei von Uni-Professoren veröffentlicht werden konnte. Von fünfzehn renommierten deutschen Hochschulprofessoren unterzeichnet wurde 1981 folgendes verbreitet:
Mit großer Sorge beobachten wir die Unterwanderung des deutschen Volkes durch Zuzug von vielen Millionen von Ausländern und ihren Familien, die Überfremdung unserer Sprache, unserer Kultur und unseres Volkstums. (…) Völker sind (biologisch und kybernetisch) lebende Systeme höherer Ordnung mit voneinander verschiedenen Systemeigenschaften, die genetisch und durch Traditionen weitergegeben werden. Die Integration großer Massen nichtdeutscher Ausländer ist daher bei gleichzeitiger Erhaltung unseres Volkes nicht möglich und führt zu den bekannten ethnischen Katastrophen multikultureller Gesellschaften. Jedes Volk, auch das deutsche Volk, hat ein Naturrecht auf Erhaltung seiner Identität und Eigenart in seinem Wohngebiet. Die Achtung vor anderen Völkern gebietet ihre Erhaltung, nicht aber ihre Einschmelzung („Germanisierung“)
Der Zuzug der Ausländer wurde von der Bundesregierung aus Gründen des heute als fragwürdig erkannten hemmungslosen Wirtschaftswachstums gefördert. Die deutsche Bevölkerung wurde bisher über Bedeutung und Folgen nicht aufgeklärt. Sie wurde auch nicht darüber befragt. Deshalb rufen wir zur Gründung eines parteipolitisch und ideologisch unabhängigen Bundes auf, dessen Aufgabe die Erhaltung des deutschen Volkes und seiner geistigen Identität auf der Grundlage unseres christlich-abendländischen Erbes ist. Auf dem Boden des Grundgesetzes stehend wenden wir uns gegen ideologischen Nationalismus, gegen Rassismus und gegen jeden Rechts- und Linksextremismus.
Da die technische Entwicklung Möglichkeiten bietet und in gesteigertem Ausmaß bieten wird, alle Ausländerbeschäftigung überflüssig zu machen, muß es oberster Grundsatz zur Steuerung der Wirtschaft sein: nicht die Menschen zu den Maschinen bringen, sondern die Maschinen zu den Menschen. Das Übel an der Wurzel zu packen heißt, durch gezielte Entwicklungshilfe die Lebensbedingungen der Gastarbeiter in ihren Heimatländern zu verbessern — und nicht hier bei uns. Die Rückkehr der Ausländer in ihre angestammte Heimat wird für die Bundesrepublik als eines der am dichtesten besiedelten Länder der Welt nicht nur gesellschaftliche, sondern auch ökologische Entlastung bringen.
Jedes Jahr drängte man das patriotische Deutschland einen Schritt zurück. Die rechten Zusammenhänge waren von einem heillosen Durcheinander geprägt. Alles löste sich auf und war auf der blinden Distanzierungsflucht oder verschanzte sich fanatisch in alten Dogma-Bunkern. Wenn man noch retten will, was zu retten ist, muss jetzt rasch gehandelt werden. Eine spontane Regeneration ist immer möglich, das Morgen ist niemals vorhersagbar. Wenn es den Identitären gelingt, die rechten Zusammenhänge zu einen, auf ein neues theoretisches und strategisches Niveau zu heben, den NW in Pension zu schicken und nach Jahrzehnten der Beliebigkeit endlich eine revolutionäre, identitäre Praxis ins Leben zu rufen, dann gibt es noch Hoffnung.
Diese unvorhersehbare Renaissance der rechten Zusammenhänge, die sich heute, von vielen gehasst und von allen ungläubig bewundert, Bahn bricht, könnte das Fanal und das Vorbild für einen echten Aufbruch im ganzen Volk sein. Die Chancen stehen gut. Die Mikropartei der Multikulti-Ideologen hat jegliche Legitimität verloren. Auch der herrschende Liberalismus und Internationalismus wird durch die Wirtschaftskrise in seinem tiefsten Kern getroffen. Ein Stocken seiner universellen Wohlstandsmaschinerie, mit der er den Völkern ihre Freiheit und Identität abkaufte, ist für ihn eine ernste Legitimitätskrise.
In dieser Phase des Machteinbruchs der herrschenden Ideologie destabilisiert sich die herrschende Ordnung. Ihre multikulturellen Ideologen haben kein Rezept zur Reform, da sie niemals von ihren kontrafaktischen, ideologischen Überzeugungen abgehen werden. Sie hoffen auf ein Wunder und reiten ihre widerlegten Utopien zu Tode.
Die einzige Hoffnung für Europa ist eine breite identitäre Bewegung, die den ideologischen Mief ausmistet und eine Rückkehr zu echten Werten, zu echter Volksherrschaft, Gemeinschaft und Freiheit möglich macht. Dieser Schritt stellt eine totale Revolution gegen die herrschende universalistisch-bourgeoise Ideologie dar. Dieser Schritt geschieht jedoch im Namen traditioneller Werte und eines unvergänglichen Erbes.
Er ist eine konservative Revolution, welche die Gewalt nicht scheut, die aber einer gerechten, großen Politik zu neuer Macht verhelfen will. Die Gewaltfreiheit der Identitären, die keinesfalls bedeutet, nicht wehrhaft zu sein, ist somit kein Anzeichen davon, dass sie nicht revolutionär wären. Ihre klare Abgrenzung zum NS, ihre ahnungsvolle Neuorientierung an alten Traditionen, ihre strategische Ausrichtung auf die Metapolitik und ihre propagandistische Anpassung an die Sprache und den Geist der Zeit macht sie zur einzigen echten revolutionären Kraft der heutigen Zeit.
Sie allein will das Rad der Geschichte weiterdrehen und wagt den Schritt aus der Moderne in eine multipolare Welt. Sie allein hat auch das Zeug dazu. Wohl dem, der von sich sagen kann, dass er ein Teil davon ist.
Quellen:
Hannah Arendt — Macht und Gewalt
Neue Juristische Wochenschrift, Heft 2